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zu Besuch bei ranipink

Für Etsy haben wir Petra Hassan in Hannover besucht, deren Wohnung und Atelier wie eine Reise in Ort und Zeit ist. Schon der erste Schritt in die Wohnung hat uns tief beeindruckt. Wir haben Petra ein paar Fragen gestellt, unter anderem zu ihrem Label Ranipink und wie sie zu ihrem besonderen Einrichtungsstil gekommen ist.

Kommt wir nehmen euch mit auf eine Reise. 

Petra, du kommst aus dem Süden, wie und warum hat es dich nach Hannover verschlagen?

Seit 19 Jahren arbeite ich bereits bei H&M und wurde eines Tages gefragt, ob ich mir vorstellen könnte in Hannover zu arbeiten und habe spontan zugesagt. Mit den Siebensachen, zwei Katzen und der Mama zur Hilfe habe ich mich hinter das Steuer eines fliegenden Teppichs äh Umzugswagens geklemmt und bin an einem grauen Januarmorgen im Jahr 2000 in Hannover gelandet.

Seit wann färbst du Stoffe Indigo ein und wie bist du darauf gekommen?

Die Farbe Indigoblau zieht sich schon lange wie ein roter Faden durch mein Leben. Als ich so um die 13 Jahre alt war, habe ich in einem Buch dessen Handlung in der Sahara spielt, es war damals also schon relativ viel Wüste und Saharasand in meinem Kopf, von einem Stoff gelesen, der sich im Wind bewegt wie Flügel eines schillernden Skarabäus. Ein indigoblaues, Purpur metallic schimmerndes Farbspektrum tat sich vor meinen inneren Auge auf und hat mich seitdem nie wieder losgelassen.

Anfang der 2000er Jahre habe ich dann durch Zufall in einem Laden für Künstlerbedarf echtes Indigopulver, Indigofera tinctoria aus Indien entdeckt und wie einen kostbaren Schatz jahrelang gehütet. Auf einer Wüstenreise in Algerien ist mir auf einem Markt ziemlich gut versteckt fast schüchtern mit Zeitungspapier umwickelt zwischen grellen Importstoffen endlich der Stoff meiner Träume begegnet: Metallisch schimmerndes, afrikanisches Baumwolltuch aus fingerbreiten, handgewebten Streifen genäht in einem unvergleichlich, tiefem Indigoblau. Echte Wertarbeit vermutlich aus den Indigotöpfen der legendären Färbermetropole Kano, die heute im Norden Nigerias liegt. Nach vielem Bücherwälzen und Recherchen habe ich vor drei Jahren meinen ganzen Mut zusammengenommen und das erste Mal meine Hände in den eigenen Färbetopf getaucht...then... real indigo magic happened in the kitchen, yeah!

 

Wann hast du Etsy für dich entdeckt und wohin verschickst du die meisten deiner Artikel?

Bei Etsy bin ich eigentlich schon lange angemeldet, aber habe es nie so recht auf die Reihe bekommen noch einen Onlineshop zu bestücken. Letztes Jahr habe ich angefangen mich nur noch auf den Shop dort zu konzentrieren. Die ersten Bestellungen sind gleich über den großen Teich gegangen, yeah! Mein Stil ist doch schon etwas speziell und in Deutschland einfach oft nicht so sehr gefragt wie im Ausland. Ungefähr 90% meiner Produkte gehen im Moment in die weite Welt hinaus, daher ist Etsy für mich absolut der richtige Ort, um meine Produkte zu präsentieren und zu verkaufen. Das einfache Shopsystem und die unkomplizierte Abwicklung sind für mich perfekt und zeitsparend. Lieber hänge ich dann doch im Färbetopf oder an der Sticknadel, das macht mich glücklich. Etsy ist quasi für mich der Hit!

Was bedeutet dein Name ranipink?

ranipink ist eigentlich der Name für eine tolle, leuchtende Farbe in Indien, so richtig knalliges Indien Pink wie aus einem Bollywood Film. Diana Vreeland hat einmal gesagt "Ich liebe Pink, es ist das Marineblau Indiens" ...und da ist sie wieder die Verbindung zu Blau. Ich mag das Wort ranipink sehr gerne, weil es kurz und einfach ist und zu meiner Arbeit passt. Manchmal denken Leute, dass ist wirklich mein richtiger Name und fragen mich des Öfteren, woher ich eigentlich komme "äh ja, also aus Bayern... ganz echt"! 

Sprechen wir ein wenig über deine Wohnung, die so wunderbar anders ist. Wie beschreibst du Anderen deine Wohnung?

Unsere Wohnung – wenn mich jemand fragt, dann würde ich sagen, es sieht aus wie, wenn wir aus Versehen mit Sack und Pack vom fliegenden Teppich gefallen und in der Großstadt gelandet sind. Wir leben einfach formuliert in einem handgefertigten Zuhause umgeben von blauen Wänden, ohne Kleiderschrank und unsere Küche hat zehn Wände. Da sieht man manchmal beim Gegenüber schon das große Fragezeichen über dem Kopf wie im Comic, haha!

Wie kam es dazu, dass du diesen großen blauen Kreis an die Wand gemalt hast? Hat er eine Bedeutung für dich? Ist es ein Symbol (seitdem ich ihn bei dir gesehen habe, sehe ich auf einmal überall große Kreise an den Wänden)?!

Wenn ich in meinen Indigo Färbetopf von oben reinschaue, dann sehe ich auch einen blauen Kreis, also habe ich die Vergrößerung meiner Färbeküpe horizontal auf die Wand gemalt. Man kann, wenn man will in Gedanken in den blauen Indigotopf fallen, sich inspirieren lassen oder einfach reinschlüpfen und in der Wüste wieder rauskommen (lacht). Sonst hat er keine besondere Bedeutung für mich, außer dass ich ihn halt schon ziemlich cool finde.

 

War blau schon immer deine Lieblingsfarbe?

Blaue Farbtöne mag ich bereits seit meiner Kindheit sehr gerne, beim Betrachten von bestimmten Farben schlägt mein Herz schon immer etwas höher. Seltsamerweise habe ich die Angewohnheit immer erst die Farbe(n) zu sehen und dann das Objekt. Davon kann mein Mann ein Lied singen "Oooh, schau mal was für eine tolle Farbe der Bauschuttcontainer hat..."!

Wer sind deine persönlichen Helden?  

Meine persönlichen Helden sind meine Familie und all die Menschen die dafür sorgen, dass wir bis heute hier in Deutschland sicher und in Frieden leben dürfen.

Wie oft warst du selber schon in Afrika, woher kommt deine Sehnsucht in dir?

In den letzten elf Jahren werden es so vielleicht zwischen 15 und 20 Reisen nach Nordafrika gewesen sein. Mein Opa hat nach dem 2. Weltkrieg im Nahen Osten und in Ägypten einige Jahre gearbeitet, er hat uns seit meiner Kindheit in lebhaften Farben "wilde Stories" von seiner Zeit dort erzählt. Kurz bevor er verstorben ist, hat mir meine Oma seine Fotoalben mit wunderschönen Schwarzweiß-Fotos von damals gegeben. Da wusste ich auf einmal, warum gewisse Dinge wie meine Art zu Reisen in meinem Leben so sind, wie sie sind.

In welchem Land würdest du am liebsten alt werden?

Der Plan ist in der größten Wüste der Welt alt zu werden, es gibt da schon eine Idee und wir werden sehen, was davon konkret umsetzbar ist. So oder so werden wir dort irgendwann mehr Zeit verbringen als im Moment, da wir ja dort auch Familie haben.

"...und dann verschwanden sie Hand in Hand zusammen mit dem Dromedar hinter der Düne im lavendelfarben schimmernden Abendlicht."

Wohin wird deine nächste Reise gehen, ruft die Wüste schon nach dir?

Wir planen demnächst einige Tage in Südmarokko zu verbringen, dort findet im Herbst jedes Jahr das Taragalte Festival in M'Hamid el Ghizlane statt. Ein wunderbares Wüstenfestival mit Musikern aus verschiedenen Saharaländernt und nur eine Tagesreise von Marrakesch entfernt.

Wir danken Petra Assaleck und den Katzen Bandit & Tamossite (Tamossite heißt "die Katze" auf Tamasheq) und Etsy, dass sie uns auf so eine schöne Reise nach Hannover geschickt haben!

Interview: Alina Schulz / Bilder: Jules Villbrandt